Des Hl. Johannes Chrysostomus († 407)
Sechs Briefe über das Priestertum / De sacerdotio libri I-VI
 

1. Buch  2. Buch   3. Buch   4. Buch   5. Buch  6. Buch
 
Kapitel I. Kapitel II. Kapitel III. Kapitel IV. Kapitel V. Kapitel VI. Kapitel VII. Kapitel VIII.

 

 
 

2. Buch   

Kapitel I.   

Ich könnte mich allerdings noch eingehender darüber verbreiten, dass es erlaubt ist, sich der List als Mittel zu einem guten Zwecke zu bedienen, oder vielmehr, dass man eine solche Handlungsweise nicht einmal als Täuschung bezeichnen darf, sondern geradezu als bewundernswerte Berechnung. Doch das Gesagte dürfte jedenfalls zur Rechtfertigung genügen; auch müsste es ermüdend und lästig werden, die Ausführungen hierüber übermässig in die Länge zu ziehen, Übrigens dürfte es nunmehr deine Aufgabe sein, nachzuweisen, dass ich nicht zu deinem Vorteil die fragliche List angewandt habe. Basilius antwortete: Ja, was für ein Gewinn ist mir denn aus deinem Kunstgriff oder deiner Klugheit, oder wie du sonst dein Verhalten zu nennen beliebst, erwachsen, dass ich überzeugt sein sollte, von dir nicht hintergangen worden zu sein? Wie könnte es denn, erwiderte ich, einen grösseren Vorteil geben, als darin tätig zu erscheinen, was Christus selbst als Beweis der Liebe gegen ihn bezeichnet hat? Denn zum Apostelfürsten spricht er die Worte: "Petrus, liebst du mich?" Und als dieser bejahte, fügt der Herr hinzu: "Wenn du mich lieb hast, so weide meine Schafe". Es fragt hier der Lehrer den Schüler, ob er von ihm geliebt werde, nicht um selber erst darüber belehrt zu werden. Wie sollte das möglich sein bei dem» der aller Herzen durchschaut? Die Frage geschah deshalb, um uns zu zeigen, wie sehr ihm die Leitung jener Herden am Herzen lag. Wenn dies nun offenkundig ist, so ist es ebenso klar, dass ein grosser, ja unaussprechlicher Lohn für denjenigen bereit liegt, der sich um das bemüht, was von Christus so hoch eingeschätzt wird. Denn wenn wir sehen, dass manche um unsere Knechte oder um unsere Viehherden besorgt sind, dann betrachten wir den Eifer, den sie hierfür verwenden, als ein Zeichen ihrer Liebe gegen uns, obwohl alle diese Güter um Geld zu erkaufen sind. Mit um wie viel reichlicherem Lohne wird nun derjenige den Hirten seiner Herde vergelten, der dieselbe nicht um Geld oder um einen anderen irdischen Preis, sondern mit seinem eigenen Tode erkauft und als tatsächlichen Preis für seine Herde sein Blut dahingegeben hat! Als daher der Jünger erwiderte: "Du weisst, o Herr, dass ich Dich liebe" und ihn selbst, den Geliebten, zum Zeugen seiner Liebe anrief, da blieb auch der Heiland nicht dabei stehen, sondern fügte noch selber einen Beweis seiner eigenen Liebe hinzu. Denn er wollte damals nicht zeigen, wie sehr Petrus ihn liebte, was ja schon aus vielen Tatsachen offenbar geworden war, sondern er beabsichtigte, dem Petrus und uns allen vorzuführen, wie innig er selbst seine Kirche liebe, damit auch wir mit allem Eifer in ihren Dienst treten. Wozu hat Gott seinen eingeborenen Sohn nicht geschont, sondern ihn, den einen, den er hatte, dahingegeben? Um seine Feinde mit sich zu versöhnen und sich ein Volk zu schaffen, das ihm angehöre. Und warum hat er sein Blut vergossen? Um die Schafe zu erwerben, die er dem Petrus und seinen Nachfolgern anvertraut hat. Recht und billig hat also Christus gesagt: "Wer ist der treue und kluge Knecht, den sein Herr über sein eigenes Haus zu setzen gedenkt?" Wieder klingt diese Frage wie das Wort eines Mannes, der sich in Verlegenheit befindet. Aber der sie vorlegte, hat es nicht aus Verlegenheit getan. Wie er vielmehr bei seiner Frage an Petrus, ob er von ihm geliebt würde, nicht deshalb fragte, weil er es nötig gehabt hätte, erst über die Liebe des Jüngers belehrt zu werden, sondern um uns das Übermass der eigenen Liebe zu zeigen, so hat er auch jetzt, als er sprach: "Wer ist der treue und kluge Knecht?" nicht darum so gefragt, als ob er den treuen und klugen Knecht nicht gekannt hätte, sondern er wollte dartun, wie selten solche Treue und Klugheit und wie wichtig dieses Amt ist. Sieh doch auch, "wie hoch der Lohn gilt: Über alle seine Güter wird er ihn setzen. 
 
Kapitel II. 

Willst du also noch mit mir streiten, als ob ich nicht in guter Absicht dich getäuscht hätte? Denn du sollst über alle Güter Gottes gesetzt werden und das nämliche Amt ausüben wie Petrus, von dem der Herr erklärte, er würde hierin sogar die übrigen Apostel zu übertreffen vermögen, Zu Petrus hat er gesagt: "Liebst du mich mehr als diese? Weide meine Schafe.'" Er hätte ja zu ihm sprechen können: Wenn du mich lieb hast, so übe das Fasten, schlafe auf dem blossen Boden, halte strenge Nachtwachen, nimm dich an der Bedrängten, werde den Waisen ein Vater und vertritt die Stelle des Mannes bei ihrer Mutter. Nun lässt er das alles beiseite und was sagt er? "Weide meine Schafe!" Denn die Aufgaben, die ich soeben aufzählte, wären auch viele der Untergebenen zu leisten unschwer imstande, nicht bloss Männer, sondern auch Frauen. Gilt es jedoch, Vorsteher einer Kirche und mit der Sorge für so viele Seelen betraut zu werden, da muss zunächst vor der Grösse einer solchen Aufgabe das ganze weibliche Geschlecht zurücktreten, aber auch die Mehrzahl der Männer. Es sollen nur diejenigen hierzu ausgesucht werden, welche über alle anderen in hohem Masse hervorragen, die sie ebenso sehr oder eigentlich noch weit mehr an Seelenadel übertreffen als Saul das ganze hebräische Volk an Körpergrösse. Denn hier ist nicht etwa bloss auf die Schulterhöhe zu schauen, sondern so gross der Unterschied zwischen den vernünftigen Menschen und den unvernünftigen Geschöpfen ist, ebenso hoch überrage der Hirte die ihm anvertraute Herde, um nicht noch mehr zu sagen. Handelt es sich doch hier um viel grössere Güter. Der, welcher Schafe verloren hat, sei es, dass Wölfe sie zerfleischten, Räuber sie entführten, oder dass eine Seuche oder ein anderer Unfall sie traf, kann doch wahrscheinlich vom Besitzer der Herde Verzeihung erlangen; sollte aber Ersatz von ihm gefordert werden, dann besteht die Strafe höchstens in einer Geldentschädigung. Wem jedoch Menschen anvertraut sind, die vernunftbegabte Herde Christi, den trifft, wenn ihm seine Schäflein zugrunde gehen, nicht eine Geldbusse, sondern er verliert zur Strafe seine eigene Seele. Sodann ist der Kampf, den er zu führen hat, viel schlimmer und schwieriger. Er hat wohl nicht gegen Wölfe zu kämpfen und sich nicht vor Räubern zu fürchten; auch braucht er nicht darum besorgt zu sein, die Seuche von seiner Herde fernzuhalten. Aber gegen "wen hat er Krieg zu führen? Mit wem muss er kämpfen? Höre darüber die Worte des seligen Paulus: "Wir haben nicht zu streiten wider Fleisch und Blut, sondern wider die Mächte und Gewalten, wider die Beherrscher der Finsternis dieser Zeit, wider die Geister der Bosheit in den Himmelshöhen," Siehst du da die gewaltige Menge der Feinde und deren furchtbare Schlachtreihen, die nicht mit Eisen gepanzert, sondern statt jeglicher Waffenrüstung schon mit ihrer eigenen Natur genügend gewappnet sind? Willst du noch ein anderes Heer sehen, roh und wild, das dieser Herde nachstellt? Von derselben Warte wirst du es schauen. Denn der nämliche Apostel, welcher über jene Feinde sich ausgelassen hat, kennzeichnet auch diese, indem er ungefähr folgendermassen sich vernehmen lässt: "Offenkundig sind die Werke des Fleisches, als da sind Hurerei, Ehebruch, Uneinigkeit, Unzucht, Abgötterei, Zauberei, Feindschaft, Hader, Neid, Zorn, Zänkereien, Parteiungen, Verleumdung, Ohrenbläserei, Aufgeblasenheit, Auflehnung und was dergleichen mehr ist." Er hat nicht alle aufgezählt, sondern es uns überlassen, von den angegebenen auf die übrigen zu schliessen. Wir können die Beobachtung machen, dass bei einem Hirten unvernünftiger Tiere diejenigen, welche die Herde verderben wollen, falls sie den Hüter fliehen sehen, die Verfolgung desselben aufgeben und sich mit dem Raube der Tiere begnügen. Hier aber lassen sie; vom Menschenhirten nicht ab, selbst wenn sie der ganzen Herde sich bemächtigt haben, sondern dringen um so heftiger auf ihn ein, werden nur noch viel kecker und ruhen nicht eher, als bis sie entweder jenen völlig niedergeworfen haben oder selber besiegt worden sind. Dazu kommt, dass man die Krankheiten bei den Tieren gar leicht erkennt, sei es Hunger oder eine Seuche oder eine Verwundung oder irgendein anderer Umstand, der Schmerzen verursacht, was wesentlich die Beseitigung der Übel ermöglicht. Es gibt noch ein anderes wirksameres Mittel, um solche Krankheiten der Tiere rasch zu vertreiben. Und zwar was für eines? Die Hirten haben nämlich vollkommene Gewalt, ihre Schafe zur Annahme der Heilmittel zu zwingen, wenn sie sich nicht willig fügen. Ohne Mühe kann man sie binden, falls es notwendig ist, sie zu brennen und zu schneiden; ferner kann man sie, wenn etwa das zuträglich sein sollte, lange Zeit im Stalle einschliessen, ihnen immer wieder anderes Futter vorlegen und sie vom Wassertrinken fernhalten. Und mit grosser Leichtigkeit können die Hirten auch alle anderen Mittel zur Anwendung bringen, die nach ihrer Erfahrung zur Gesundheit der Schafe dienlich sind. 
 
Kapitel III. 

Was hingegen die Krankheiten der Menschen betrifft, so ist es zunächst für den Menschen nicht leicht, sie zu erkennen. Denn niemand "weiss, was im Menschen ist ausser der Geist des Menschen, der in ihm ist". Wie sollte nun jemand eine Arznei gegen eine Krankheit anwenden können, deren Art er nicht kennt, ja da er oft nicht einmal zu sehen vermag, ob überhaupt eine Krankheit vorhanden ist? Ist aber eine solche wirklich offensichtlich, dann entsteht eine noch grössere Schwierigkeit. Man vermag nämlich keinen Menschen unter Anwendung solcher Gewalt zu heilen, wie der Hirte seine Schafe. Auch bei den Menschen tut es zwar ebenso not, zu binden, Nahrung zu entziehen, zu brennen und zu schneiden. Aber das Vermögen, sich diese Heilung gefallen zu lassen, liegt nicht bei dem, der das Heilmittel zuführen will, sondern bei dem Leidenden. Das hat auch jener bewunderungswürdige Mann gewusst, als er an die Korinther schrieb: "Nicht als ob wir Gebieter wären eures Glaubens, sondern wir sind Mithelfer eurer Freude". Am allerwenigsten ist es den Christen erlaubt, mit Gewalt die Fehler der Sünder bessern zu wollen. Allerdings die weltlichen Richter zeigen ihre volle Gewalt den Übeltätern gegenüber, sobald dieselben den Gesetzen verfallen sind, und hindern sie, auch wider ihren Willen, ihren bisherigen Lebenswandel weiterzuführen. Bei uns aber gilt es, einen solchen Menschen nicht durch Zwang, sondern durch Überzeugung zu bessern. Denn einerseits ist uns schon von den Gesetzen keine solche Macht gegeben, dass wir den Sündern wehren könnten; anderseits, besässen wir diese Gewalt, dann hätten wir keine Gelegenheit, sie zur Anwendung zu bringen, da Gott nicht diejenigen krönt, welche aus Zwang, sondern nur die, welche freiwillig der Sünde sich enthalten. Es bedarf deshalb grosser Geschicklichkeit, dass die Kranken sich aus Überzeugung dahin bringen lassen, sich freiwillig dem Heilverfahren seitens der Priester zu unterwerfen, und nicht allein das, sondern dass sie ihnen auch Dank wissen für ihre Heilung. Denn wenn jemand gebunden worden ist und dennoch aufspringt — die Freiheit dazu besitzt er ja —, so macht er sein Übel noch schlimmer; wenn er den wie Eisen einschneidenden Worten kein Gehör schenkt, so bringt er sich durch solche Verachtung eine neue Wunde bei, und was die Heilung bewirken sollte, wird der Anlass für eine noch schlimmere Krankheit, Es gibt ja niemanden, der einen Kranken durch Zwang und wider seinen Willen heilen könnte. 

Kapitel IV. 

Was soll man also tun? Wenn man gegen denjenigen, der eines weitgehenden Schnittes bedarf, zu glimpflich verfährt und nicht so tief schneidet, als ihm eigentlich nottut, dann hat man wohl einen Teil der Wunde beseitigt, den anderen aber zurückgelassen. Nimmt man dagegen den notwendigen Schnitt ohne Schonung vor, dann gerät der Kranke wegen der Schmerzen oft in Verzweiflung, wirft auf einmal alles hinweg, Salbe und Verband, und stürzt sich ins offene Verderben, nachdem er den Zwang gebrochen und die Fessel zerrissen. Ich könnte viele nennen, die sich zu den äussersten Schlechtigkeiten hinreissen liessen, weil man ihnen eine ihren Vergehen entsprechende Strafe auferlegte. Denn man darf nicht ohne weiteres nach dem Masse der Fehltritte die Strafe verhängen, sondern man muss auch die Gesinnung der Sünder in Betracht ziehen; sonst würde man den Riss, wenn man das Zerrissene zusammennähen will, nur noch schlimmer machen und den Gefallenen, indem man ihn aufzurichten sucht, in einen noch tieferen Fall verwickeln. Die schwachen und oberflächlichen Naturen, die, meistens verstrickt in die irdischen Genüsse, sich dazu noch viel auf ihre Abstammung und ihre einflussreiche Stellung einbilden können, dürften wohl ganz im stillen und allmählich von der Gewohnheit zu sündigen abgezogen und, wenn nicht vollständig, so doch zum Teil von den Lastern, die sie beherrschen, befreit werden. Wenn man aber in der Anwendung des Zuchtmittels schroff vorgehen wollte, würde man auch eine geringere Besserung unmöglich machen. Denn ein Mensch, der nur einmal gezwungen worden ist, nicht schamrot zu werden, wird ganz unempfindlich, schenkt fremden Worten fernerhin kein Gehör mehr, lässt sich weder durch Drohungen beugen noch durch Wohltaten lenken, sondern wird viel schlimmer als jene Stadt, zu welcher der Prophet mit tadelnden Worten gesprochen: "Du hast das Aussehen einer Hure bekommen, vor aller Augen hast du schamlos gehandelt". Darum bedarf der Hirte tiefer Einsicht und tausend Augen, um von allen Seiten den Zustand der Seele durchschauen zu können. Gleichwie nämlich viele ganz verblendet werden und an ihrem eigenen Heile verzweifeln, weil sie bittere Arznei nicht zu ertragen vermögen, so gibt es wieder andere, welche, falls sie nicht die ihren Sünden entsprechende Busse auf ' sich zu nehmen brauchen, im Leichtsinn versinken, viel schlimmer werden und schliesslich m immer grössere Sünden hineingeraten. Es darf also der Priester keine dieser Massnahmen ungeprüft lassen, sondern erst, nachdem er alles genau erforscht, muss er in der entsprechendsten Weise vorgehen, damit seine eifrige Bemühung nicht vergeblich geschehe. Aber nicht dies allein, auch die Wiedervereinigung der von der Kirche losgerissenen Glieder verursacht ihm viele Arbeit, wie leicht ersichtlich ist. Der Schafhirt hat eine Herde, die ihm überallhin folgt, wohin er sie führt. Und wenn auch eines oder das andere der Schäflein vom richtigen Wege sich entfernt, die gute Weide verlässt und auf magerem und abschüssigem Boden grast, so genügt ein etwas lauterer Ruf, um sie wieder zusammenzutreiben und die getrennten zur gemeinsamen Herde zurückzuführen. Wenn jedoch ein Mensch sich vom rechten Glauben verirrt hat, dann bedarf der Hirte der Aufwendung grosser Mühe, Beharrlichkeit und Geduld, Denn es geht nicht an, ihn mit Gewalt herüberzuziehen, auch nicht, ihn durch Furcht zu zwingen; vielmehr ist er durch die Kraft der Überzeugung wieder zur Wahrheit zurückzuführen, die er vorher verlassen hatte. Es ist also für den Priester eine heldenmütige Seele nötig, auf dass er nicht verzage und nicht an dem Seelenheile der Verirrten verzweifle, vielmehr beständig jenes Wort bei sich erwäge und immerfort es sich vorsage, "dass einmal Gott ihnen Erkenntnis der Wahrheit gebe und sie von der Schlinge des Teufels befreit werden". Darum hat der Herr auch zu den Jüngern gesprochen: "Wer ist der treue und kluge Knecht?" Denn wessen Christentum nur in seiner Person aufgeht, der beschränkt auch den Nutzen seiner Tätigkeit ausschliesslich auf sich selbst; die segensreiche Arbeit des Hirtenamtes jedoch soll sich auf das gesamte Volk erstrecken. Wohl nützt auch der einigermassen seinem Nebenmenschen, der Geld unter die Bedürftigen verteilt oder auf irgendeine andere Art den Notleidenden beisteht, aber um soviel weniger denn der Priester, als der Leib vor der Seele zurücksteht. Mit Recht hat also der Herr erklärt, dass die Sorge um seine Herden ein Zeichen sei seiner Liebe zu ihm selbst. Du jedoch, unterbrach mich Basilius, liebst du Christus nicht? Gewiss liebe ich ihn und ich werde nicht aufhören, ihn zu lieben; ich fürchte aber, ich möchte ihn, den ich liebe, erzürnen. Wie könnte es, erwiderte er, ein dunkleres Rätsel geben als dieses? Christus hat geboten, dass derjenige, der ihn lieb habe, seine Schafe weiden solle; du jedoch erklärst, sie deswegen nicht weiden zu wollen, weil du den liebst, der diesen Befehl gegeben hat? Ein Rätsel, entgegnete ich, enthalten meine Worte nicht, sondern sie sind überaus klar und einfach. Wenn ich zwar geeignet wäre, dieses Amt so, wie Christus es verlangte, zu verwalten, und würde ich mich demselben dennoch durch die Flucht entziehen, dann müsste allerdings meine Rede Bedenken erregen. Da aber die Schwachheit meines Geistes mich für ein so schwieriges Amt untauglich macht, wo enthalten da meine Worte etwas, das einer genaueren Untersuchung bedürfte? Ich fürchte nämlich, ich möchte, wenn ich die Herde Christi blühend und wohlgediehen übernähme, sie infolge meiner Unerfahrenheit zugrunde richten und dadurch Gott, welcher sie so sehr geliebt, dass er sich selbst um ihres Seelenheiles und ihres Wertes willen geopfert hat, gegen mich erzürnen. Das sagst du doch wohl nur im Scherz, wendete Basilius ein. Denn wenn du im Ernste so sprichst, so weiss ich nicht, wie du auf andere Weise besser hättest zeigen können, wie berechtigt mein Schmerz ist, als gerade durch die Worte, mit denen du meine Mutlosigkeit zu bannen dich bemühtest. Wohl wusste ich schon früher, dass ich von dir getäuscht und verraten wurde, jetzt aber, nachdem du die gegen dich erhobenen Vorwürfe von dir abzuwälzen suchtest, sehe ich noch viel mehr ein und bin mir vollkommen klar, in welches Unglück du mich gebracht hast. Wenn du dich nämlich aus dem Grunde einem so hohen Kirchenamte entzogest, weil du dir bewusst warst, dass dein Geist der Schwere dieser Aufgabe nicht gewachsen sei, dann hättest du in allererster Linie mich davon zurückhalten müssen, selbst falls ich grosse Neigung dazu gehabt hätte, abgesehen davon, dass ich die letzte Entscheidung in der ganzen Frage dir überlassen hatte. Nun hast du aber bloss auf deinen Vorteil geachtet, den meinigen ausser acht gelassen. O, wenn du ihn doch nur wirklich übersehen hättest! Ich wäre damit zufrieden gewesen. Du hast es jedoch hinterlistig angezettelt, auf dass ich umso leichter denen, die mir nachstellen, in die Hände fallen würde. Du kannst nicht die Ausflucht gebrauchen, dass dich die Meinung der Leute getäuscht und dir die Überzeugung beigebracht habe, Grosses und Wunderbares von mir erwarten zu dürfen. Denn ich gehöre nicht zu denen, "welche bewundert werden und in besonderem Ansehen stehen, und selbst wenn dies der Fall wäre, dann hättest du die Meinung der Menge nicht höher schätzen sollen als die Wahrheit. Freilich, wenn ich dir niemals Gelegenheit gegeben hätte, mit mir vertrauten Umgang zu pflegen, so wäre mit einem gewissen Schein von Berechtigung ein vernünftiger Grund für dich vorgelegen, dein Urteil nach der Stimme der Menge zu richten- Wenn aber niemand um meine Angelegenheiten so genau Bescheid weiss wie du, ja du mein Inneres besser kennst als selbst meine Eltern und Erzieher, wie kannst du da noch glaubwürdige Worte finden, um jene, die davon hören, zu überzeugen, dass du mich nicht mit Vorbedacht in diese Gefahr gestürzt hast. Doch, lassen wir das jetzt! Ich will dich nicht nötigen, dich darob zu verteidigen. Sage mir vielmehr: Was sollen wir denen antworten, die uns Vorwürfe machen? Ich jedoch, erwiderte ich, werde nicht eher auf deine Frage eingehen, als bis ich deine eigenen Beschwerden erledigt habe, auch wenn du selbst mich tausendmal von diesen Anklagen freizusprechen bereit bist. Du behauptetest nämlich, Unkenntnis würde mir Verzeihung erwirken und mich von jeder Beschuldigung frei machen unter der Voraussetzung, dass ich, ohne irgendwelche Kenntnis von deinen Angelegenheiten zu haben, dich in die gegenwärtige Lage gebracht hätte. Da ich dich aber in der Tat verraten hätte, nicht aus Unkenntnis, sondern mit vollem Einblick in deine Verhältnisse, so sei mir jeder vernünftige Vorwand und jede ehrliche Rechtfertigung abgeschnitten. Ich jedoch behaupte gerade das Gegenteil, Und warum dies? Weil für eine solche Sache gründliche Untersuchung notwendig ist und weil, wenn man einen zum Priestertum geeigneten Mann dazu befördern will, man sich nicht mit der Meinung der Menge zufrieden geben darf, sondern daneben ganz besonders auch seine Persönlichkeit und vor allem seine Eigenschaften geprüft haben muss. Denn obwohl der selige Paulus erklärt hat: "Er muss auch ein gutes Zeugnis haben von denen, die draussen sind", so soll damit eine genaue und sorgfältige Untersuchung nicht ausgeschlossen werden. Auch will Paulus ein solches Zeugnis keineswegs der strengen Prüfung der zu Wählenden vorangestellt wissen. Denn erst nachdem er zuvor viele andere Bedingungen vorausgeschickt hat, fügt er schliesslich noch diese hinzu, um anzudeuten, dass man bei so wichtigen Wahlen sich nicht mit ihr allein begnügen dürfe, wohl aber dass in Verbindung mit den übrigen Erfordernissen auch noch das Zeugnis [der Menge] beigebracht werden solle. Es kommt nämlich oft vor, dass die Stimme der grossen Menge sich täuscht. Aber wenn eine genaue Prüfung vorangegangen ist, so ist von deren Meinung weiters keine Gefahr zu befürchten, Darum stellte der Apostel das Zeugnis von denen, die draussen sind, hinter die übrigen Erfordernisse. Denn er sagte nicht einfach: "Er muss ein gutes Zeugnis haben", sondern er schaltete das Wörtchen "auch" ein, um anzudeuten, dass man, bevor man die Meinung der Draussenstehenden berücksichtige, zunächst die Persönlichkeit [des zu Wählenden] einer gründlichen Prüfung unterziehen müsse. Da ich nun dich und deine Eigenschaften besser kannte als deine Eltern, wie du selber zugestanden hast, so dürfte ich wohl mit Recht von jeder Schuld freizusprechen sein. Gerade damit, entgegnete jener, würdest du nicht durchkommen, wenn jemand eine förmliche Anklage wider dich erheben wollte. Oder erinnerst du dich nicht, oft von mir gehört zu haben und auch durch Tatsachen selbst belehrt worden zu sein, wie geringwertig meine geistigen Fähigkeiten sind? Hast du nicht deshalb beständig über meinen Kleinmut gespottet, weil ich mich durch die alltäglichen Sorgen so leicht zu Boden werfen liess? 

Kapitel V. 

Ich erwiderte: Ich erinnere mich zwar, derartige Worte häufig von dir gehört zu haben; ich kann es nicht leugnen. Habe ich einmal über dich gespöttelt, so habe ich das im Scherze und nicht im Ernste getan. Doch darüber will ich jetzt nicht streiten. Ich bitte vielmehr, es mit der gleichen Billigkeit von mir aufzunehmen, wenn ich die eine oder andere deiner guten Eigenschaften zu rühmen im Begriffe stehe. Denn wenn du versuchen solltest, mich der Lüge zu beschuldigen, so werde ich dich nicht schonen, sondern nachweisen, dass du mehr aus Bescheidenheit als um der Wahrheit willen so redest und werde mich zur Erhärtung der Richtigkeit meiner Aussage keiner anderen Zeugen als deiner eigenen Worte und Handlungen bedienen. Zunächst will ich dir nun die Frage vorlegen: Weisst du, wie gross die Macht der Liebe ist? Christus übergeht alle Wunder, welche von den Aposteln gewirkt werden sollten und erklärt: "Daran werden die Menschen erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebet". Und Paulus sagt, "die Liebe sei des Gesetzes Erfüllung"; wenn sie fehle, so seien alle Gnadengaben ohne Nutzen. Dieses auserlesene Gut, dieses Kennzeichen der Jünger Christi, das höher zu werten ist als die Gnadengaben, habe ich wie eine edle Pflanzung in deinem Herzen entstehen und reichliche Frucht bringen sehen. Dass mir die Liebe ausserordentlich am Herzen liegt und dass ich mir die grösste Mühe gebe, diesem Gebote gerecht zu werden, gestehe ich selbst zu, bemerkte Basilius. Dass ich es aber nicht einmal zur Hälfte erfüllt habe, wirst du selber bezeugen müssen, wenn du aufhörst, mir zu Gefallen zu reden und der Wahrheit die Ehre geben willst. Wohlan denn, so will ich die Beweise antreten, antwortete ich. Womit ich gedroht habe, das -werde ich jetzt ausführen, indem ich zeige, dass du lieber bescheiden sein als die Wahrheit reden willst. Ich will einen Vorfall erzählen, der sich erst kürzlich zugetragen hat, damit niemand argwöhnen könne, ich würde alte Geschichten auffrischen, um durch die Länge der Zeit die Wahrheit zu verdunkeln, und es würde die Vergesslichkeit nicht gestatten, dem genauer nachzuforschen, was ich [vermeintlich] dir zu Gefallen rede. 
 
Kapitel VI. 

Als nämlich einer unserer Freunde, des Hochmutes und Unverstandes verleumderisch beschuldigt, in die äusserste Bedrängnis geraten war, da stürztest du dich mitten in die Gefahren hinein, ohne dass jemand dich selbst angeklagt, ohne dass jener bedrängte Freund dich darum gebeten hätte. Das war eine deiner trefflichen Taten. Um dich aber auch aus deinen Worten zu überführen, will ich noch an das von dir dabei Gesprochene erinnern. Denn als die einen diesen deinen Eifer missbilligten, die anderen aber lobten und bewunderten, da erwidertest du den Tadlern: Was hatte ich tun sollen? Ich weiss nicht anders zu lieben, als dass ich auch mein Leben aufs Spiel setze, wenn es gilt, einen Freund aus einer Gefahr zu retten. Zwar mit anderen Worten, aber in demselben Sinne sprachst du das Nämliche aus, was Christus seinen Jüngern verkündete, als er das letzte Ziel der vollkommenen Liebe erläuterte: "Niemand hat grössere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde". Ist demnach keine grössere Liebe zu finden als diese, dann hast du dieselbe in ihrem höchsten Ideal verwirklicht und hast sowohl durch Taten wie durch Worte ihren Gipfelpunkt erreicht. Darum also habe ich dich verraten, darum habe ich jene List angezettelt. Bist du nun überzeugt, dass ich nicht aus Böswilligkeit, nicht in der Absicht, dich in Gefahr zu stürzen, sondern in dem Bewusstsein, du würdest grossen Segen stiften, dich in diese Laufbahn hineingedrängt habe? Glaubst du denn, frug er mich dann, es genüge zur Besserung unserer Mitmenschen die Kraft der Liebe? Allerdings, erwiderte ich, vermag sie ausserordentlich viel dazu beizutragen. Wünschest du aber, dass ich auch von deiner Klugheit noch Beweise beibringe, so werde ich auch dazu mich bereit finden und zeigen, dass du noch grössere Einsicht besitzest als Liebe. Über diese Worte wurde er ganz rot vor Scham und bemerkte: Was mich persönlich betrifft, so lasse das alles beiseite; habe ich doch hierüber von Anfang an keine Rechenschaft von dir verlangt. Wenn du jedoch etwas Rechtes vorzubringen hast denen gegenüber, die uns ferne stehen, das möchte ich gerne vernehmen. Lass also diese Spiegelfechterei und sage mir, was wir auf die von anderer Seite erhobenen Einwände zu unserer Verteidigung geltend machen sollen, und zwar sowohl gegen die, welche uns eine so hohe Ehre erwiesen haben, als auch denen gegenüber, welche diese bedauern, als seien sie von uns verächtlich behandelt worden. 

Kapitel VII. 

Auch mich drängt es übrigens selbst, antwortete ich, nunmehr zu diesem Gegenstande überzugehen. Denn da ich meine Ausführungen, soweit sie dich persönlich betreffen, beendet habe, so werde ich mich mit Vergnügen diesem zweiten Teile der Verteidigung zuwenden. Was für eine Anklage bringt man denn vor? Welches sind die Beschuldigungen? Man erklärt, von uns verächtlich behandelt worden zu sein, man habe grosses Unrecht erfahren, da wir die Ehre, die uns zugedacht gewesen, nicht angenommen hätten. Demgegenüber stelle ich zunächst die Behauptung auf, dass wir keine Rücksicht zu nehmen brauchen auf andere, die sich durch unser Verhalten verletzt fühlen, falls die etwa ihnen erwiesene Ehrerbietung uns nötigt, Gott zu missfallen. Auch ist für sie selbst, welche darüber erbittert sind, ihre Entrüstung nicht ohne Gefahr, sie bringt ihnen sogar grossen Schaden. Denn ich bin der Meinung, dass denjenigen, welche Gott angehören wollen und nur auf ihn ihren Blick richten, eine so gottergebene Gesinnung eigen sein müsse, dass sie das Geschehene überhaupt nicht für eine Beleidigung halten können, auch wenn sie tausendmal sich dadurch gekränkt fühlen sollten. Dass mir nicht einmal in Gedanken so etwas eingefallen ist, geht aus folgendem deutlich hervor. Wenn ich mich nämlich aus Hochmut und Ehrgeiz, dessen mich, wie du wiederholt versichertest, manche beschuldigen, hätte zu diesem Schritte verleiten lassen, dann gehörte ich in der Tat, um hierin meinen Anklägern beizustimmen, zu den ärgsten Frevlern, indem ich bewundernswerte und hochangesehene Männer, dazu noch meine Wohltäter, gering schätzend behandelt hätte. Wenn es schon strafwürdig ist, denen Unrecht zuzufügen, die uns nichts Böses getan haben, welch grosse Strafe verdiente es dann nicht, wenn man jenen, die aus eigenem Antriebe uns zu ehren beschlossen hatten, mit einem gegenteiligen Verhalten vergelten wollte! Denn niemand dürfte zu behaupten wagen, dass sie grössere oder geringere Wohltaten von mir empfingen und dafür sich hätten erkenntlich zeigen wollen. Wenn ich mir so etwas nicht einmal in Gedanken einfallen liess, ich vielmehr aus einem ganz anderen Grunde mich der schweren Last entzogen habe, warum unterlassen sie es dann, mir zu verzeihen? Und wenn sie mein Vorgehen zwar auch nicht billigen mögen, warum jedoch klagen sie mich an, dass ich meines eigenen Lebens geschont hätte? Ich bin so weit entfernt, jene Männer verächtlich behandelt zu haben, dass ich vielmehr behaupten möchte, ich habe sie durch meine Weigerung sogar geehrt. Wundere dich nicht, wenn meine Worte widerspruchsvoll erscheinen. Ich werde diesen Widerspruch sofort zu lösen suchen 
 
Kapitel VIII. 

In jenem Falle hätten, wenn nicht alle, so doch diejenigen, denen boshafte Reden zu führen ein Vergnügen ist, reichlich Gelegenheit gehabt, sowohl über mich, den Erwählten, als auch über die Wähler argwöhnische Gedanken zu fassen und sie auch auszusprechen, wie z. B. dass sie auf Reichtum schauen, dass sie sich blenden lassen würden durch den Glanz der Abkunft, oder dass sie durch meine Schmeicheleien bewogen mich zu diesem Amte berufen hätten. Ja, es ist nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere auf den "Verdacht gekommen wäre — ich mag es gar nicht aussprechen —, sie seien sogar durch Geld bestochen worden. Noch ein anderer Einwand hätte erhoben werden können: Christus hat Fischer, Zeltmacher und Zöllner zu dieser Würde berufen; jene aber verschmähen alle, die sich von gewöhnlicher Arbeit ernähren. Wenn jedoch einer sich mit heidnischer Wissenschaft beschäftigt und ohne zu arbeiten dahinlebt, den heben sie auf den Schild, den bewundern sie. Warum haben sie doch Männer, die unzählige Mal ihren Schweiss für die Interessen der Kirche vergossen, übergangen, dagegen einen, der solchen Anstrengungen sich niemals unterzogen, vielmehr seine ganze Jugend in der unnützen Beschäftigung mit weltlichen Wissenschaften vergeudet hat, auf einmal zu dieser Würde erhoben? Solche und noch mehr derartige Einwände könnte man vorbringen, wenn ich dieses hohe Amt angenommen hätte. Jetzt aber kann man das nicht. Denn jeglicher Vorwand zu übler Nachrede ist ihnen abgeschnitten. Weder können sie mir Schmeichelei noch jenen Bestechlichkeit zum Vorwurfe machen, es müsste denn gerade sein, dass einer im Wahnsinne reden wollte. Wie möchte denn jemand Schmeicheleien und Geld aufwenden, um eine Würde zu erlangen, sie aber gerade in dem Augenblicke, da er ihrer wirklich teilhaftig werden sollte, anderen überlassen? Ein solches Vorgehen wäre gerade so, als wollte einer, nachdem er unter vieler Mühe das Erdreich bestellt hat, damit ihm das Feld von reichlicher Frucht strotze und seine Kelter von Wein überfliesse, nach den unzähligen Schweisstropfen und dem grossen Aufwand an Geld, wenn es zur Getreideernte und zur Weinlese kommt, den ganzen Früchteertrag anderen abtreten, Siehst du also, dass diejenigen, welche gerne Verleumdungen vorbringen, wenn ihre Worte auch weit von der Wahrheit entfernt wären, in meinem Falle doch einen Vorwand hätten zu der Beschuldigung, es sei die Wahl nicht nach richtiger Beurteilung aller zu berücksichtigenden Umstände getroffen worden? Ich aber habe ihnen jetzt nicht gestattet, den Mund aufzusperren, ja nicht einmal ein wenig ihn zu öffnen. Diese Beschuldigungen und noch andere mehr hätten sie schon von allem Anfang an verbreitet. Hätte ich aber dann wirklich das Amt übernommen, so hätte ich mich gar nicht genug Tag für Tag meinen Anklägern gegenüber verteidigen können, selbst wenn ich auch allen Verpflichtungen tadellos nachgekommen wäre; nicht zu reden davon, dass infolge meiner Unerfahrenheit und meines jugendlichen Alters viele Fehler unausbleiblich gewesen wären. Nun aber habe ich ihnen jeden Grund zu solcher Beschuldigung entzogen; andernfalls hätte ich ihnen tausendfachen Anlass gegeben zu Schmähungen. Denn was hätte man nicht alles vorgebracht? — Unvernünftigen Knaben haben sie so ausserordentliche und wichtige Geschäfte anvertraut! Die Herde Gottes haben sie geschädigt! Die christliche Sache ist zum Spielzeug und Gelächter geworden! "Jetzt jedoch wird alle Bosheit ihren Mund verstopfen". Sollten sie auch wider dich solche Vorwürfe erheben, dann wirst du sie rasch durch deine Taten belehren, dass man die Einsicht nicht nach dem Alter beurteilen darf, dass man also einerseits einen Alten nicht schon wegen seiner grauen Haare als erprobt ansehen, anderseits nicht unbedingt jeden jungen Mann von einem solchen Amte ausschliessen soll, sondern nur den Neubekehrten. Zwischen beiderlei Arten ist aber ein grosser Unterschied.

1. Buch  2. Buch   3. Buch   4. Buch   5. Buch  6. Buch

 Kapitel I. Kapitel II. Kapitel III. Kapitel IV. Kapitel V. Kapitel VI. Kapitel VII. Kapitel VIII. 
 
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